HOELLER RECHTSANWÄLTE

Der aktuelle Tipp

Grenzen der Zulässigkeit von Tonträger Sampling

lens

BGH: Freies Tonträger-Sampling nur unter engen Ausnahmevoraussetzungen zulässig

Geposted am von Rechtsanwalt Boris Hoeller

Auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge im Wege der sogenannten freien Benutzung für eigene Zwecke zu verwenden ist nicht zulässig, wenn es einem durchschnittlichen Musikproduzenten möglich ist, eine gleichwertige Tonaufnahme selbst herzustellen. Das hat der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs heute entschieden (Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 - Metall auf Metall II).

Damit ist der Rechtsstreit zwischen Mitgliedern der Musikgruppe "Kraftwerk" und den Komponisten und Produzenten des von der Sängerin Sabrina Setlur Titels 'Nur mir' nach 9 Jahren Prozessdauer rechtskräftig entschieden. Die Beklagten hätten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem strittigen Musikstück in fortlaufender Wiederholung unterlegt, obwohl es ihnen möglich gewesen wäre, die übernommene Rhythmussequenz selbst einzuspielen.

Die Beklagten- so der BGH - haben in das Tonträgerherstellerrecht der Kläger (§ 85 Abs. 1 UrhG) eingegriffen, indem sie dem von den Klägern hergestellten Tonträger im Wege des Sampling zwei Takte einer Rhythmussequenz des Titels "Metall auf Metall" entnommen und diese dem Stück "Nur mir" unterlegt haben. Die Beklagten könnten sich nicht mit Erfolg auf das Recht zur freien Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG) berufen. Zwar könne in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung auch die Benutzung fremder Tonträger ohne Zustimmung des Berechtigten erlaubt sein, wenn das neue Werk zu der aus dem benutzten Tonträger entlehnten Tönen oder Klängen einen so großen Abstand hält, dass es als selbständig anzusehen sei. Eine freie Benutzung sei aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeschlossen, wenn es möglich sei, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen. In diesem Fall gäbe es für einen Eingriff in die unternehmerische Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung. Auch aus der von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit ließe sich in einem solchen Fall kein Recht ableiten, die Tonaufnahme ohne Einwilligung des Tonträgerherstellers zu nutzen. Das Berufungsgericht sei mit Recht davon ausgegangen, dass zur Beurteilung der Frage, ob es möglich sei, eine Tonfolge selbst einzuspielen, darauf abzustellen ist, ob es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist. Das Berufungsgericht habe ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagten nach diesen Maßstäben in der Lage gewesen wären, die aus "Metall auf Metall" entnommene Sequenz selbst einzuspielen.

Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11 - Metall auf Metall II - Pressmitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 210/2012 vom 13.12.2012